Springer-Chef Mathias Döpfner bekommt im neuesten «Spiegel» sein Fett ganz ordentlich weg. Auch in dieser Kolumne soll von einer Begegnung der dritten Art mit einem Springer-Kadermann berichtet werden: mit Christoph Keese, Vizepräsident und Döpfner direkt unterstellt. Tatort war die Dreikönigstagung der Schweizer Verleger vom 7. Januar in Zürich. Keese referierte über «Die Entdeckung der Schnelligkeit – Innovationskultur bei Medien».
Sein Lichtbildvortrag mittels Prezi (nicht mehr Powerpoint, also ganz modern) handelte von einer grossangelegten Aktion von Springer im Silicon Valley. Monatelang behausten dort Springer-Mannen unterschiedlichster Couleur schicke Wochenend-Mini-Villen und versuchten, dem Geheimnis und dem Erfolg dieses sagenhaften Tals auf die Spur zu kommen. Geschäftlicher Hintergrund: die Philosophie und das ökonomische Grundmodell der dortigen Startup-Unternehmen zu ergründen und im rückständigen Europa und noch rückständigeren Deutschland behende ebenfalls umzusetzen bzw. zu kopieren.
Während zwei Dritteln seines Vortrags zeigte der Referent vor allem Fotos aus dem Familienalbum. Unternehmer A mit Springermann B beim Koteletten braten, Berater C mit Springer-Forscher D beim Cola saufen, Entwickler E mit Springer-Techniker F beim Popcorn naschen. Alles natürlich unglaublich locker und familiär, was bei Amerikanern ja eine Neuheit ist. Unablässig zeigte der Vizepräsident solche Bildlein von Wohnungen, Gartensitzplätzen und Partygästen und er platze fast vor überquellender Freude und ungezügeltem Stolz, dass Springer insgesamt 18 unternehmerischen Koryphäen an mehr als 350 Firmentreffen die Grillhände schütteln durfte. Es war ungefähr so, wie wenn klein Hansli daheim stolz erzählt, dass er im Lehrerzimmer vom Schulvorsteher einen zuckerfreien Kaugummi bekommen hat. Irgendwie wohnten die versammelten Journalisten und Verlagsleute einem späten Stadium der Verkindung bei, der Herr Keese offensichtlich anheimgefallen ist.
Das restliche Drittel des Vortrags bestand dann aus Lehren für die hiesige Branche, die in verschiedenen Leitsätzen gipfelten. Originalzitate:
– «Technologie als Chance verstehen»
– «Entrepreneurs sind Rockstars»
– «Gross denken, schnell handeln»
– «Motiviere Deine Mitarbeiter»
– «Bau Dir ein grosses Netzwerk auf»
– «Alles dreht sich um Technologie»
Gegen Schluss kam dann noch das Foto eines ungewaschenen und unrasierten Struwelpeters mit fleckigem T-Shirt, der nur in Socken herumläuft und beim Gespräch mit Kunden im Sofa sitzend beständig die Zehen massiert. Dazu der bewundernde Hinweis des Berliner Topmanagers, dass es sich hier um eine Art neuen Bill Gates handle, dessen Schrulligkeit zum Geschäftsmodell gehöre. Irgendwie hing da plötzlich die unterschwellige Prognose im Raum, dass uns die Amis nicht nur technologisch, sondern auch modisch einige Jahre voraus sind. Wie man weiss, findet Mathias Döpfner mittlerweile die Krawatte ein nicht mehr angebrachtes Kleidungsstück. Nicht auszudenken, wie die Springer-Leute in ein paar Jahren durch ihr Berliner Hochhaus turnen werden.
Die Moral von der Geschichte ist eine einfache: Kein Wunder, ist die Branche heute so ratlos, wenn deren Leithammel ihre Befriedigung nur schon daraus schöpfen, dass ihnen irgendwelche Markenführer aus dem fernen Märchenland die Wurst ins Feuer halten. Aus einer Autogrammstunde lässt sich eine schöne Pinnwand machen, sicher. Aber das Geschäftsmodell der Zukunft?
Andrea Masüger ist CEO der Südostschweiz Medien.
„Unternehmer A mit Springermann B beim Koteletten braten, …“
DAS ist nun wirklich eklig! Mit Koteletten sind nämlich laut Duden „Backenbärte“ gemeint. Sie meinten gewiss, dass sich die beiden Kotelettes („Rippenstücke“) in die Pfanne gehauen haben.
‚Loxia‘ ist im Duden nicht einmal aufgeführt. Ich klage das an und melde ‚Loxia‘ umgehend der Redaktion als brandneues Syonym für die olle ‚Klugscheisserei‘.
Aber wer weiss schon, was die Springer-Leute alles tun, wenn sie einmal von zu Hause weg sind. Ich habe die Chose nun aber in Ihrem Sinne angepasst, geschätzte/r Loxia. Danke.
Noch schlimmer als Klugscheißer sind Doofe.
Ich setze noch einen – oder eher mehrere – drauf:
„Unternehmer A mit Springermann B beim Koteletts braten, Berater C mit Springer-Forscher D beim Cola saufen, Entwickler E mit Springer-Techniker F beim Popcorn naschen.“
Richtige Substantivierung wird in der CH nicht mehr gelehrt bzw. angewendet?
Also bitte „beim Kotelettsbraten // beim Colasaufen // beim Popcornnaschen“. Grundschulwissen … und weg.
Das ist halt schweizerisch. Habe es Ihnen zuliebe nun aber doch angepasst ;-) Danke.
Also: „Springer“-Leutchen sind „Springer“-Leutchen, die die „Springer“-Leutchen mit der Hilfe von „Springer“-Leutchen usw.
Werte Mara,
einfach mal „Loxia“ bei Google oder sonstwo eingeben … und du wirst sofort sehen, was mein Nick bedeutet, denn den habe ich nicht ohne besonderen (persönlichen) Grund gewählt ;)
Und meine kleine Anmerkung verstehe ich nicht als kleinliche „Besserwisserei“, sondern als Zeichen des Respekts für den Autor ;)
Nix für ungut
Darf ich auch noch was sagen zum Inhalt? Dieser Mediensatz bringt die Grillprobleme unserer Branche auf den Garpunkt! Alles dreht sich um Technologie und niemand weiss, worum es geht.
…und sehr sehr gut geschrieben.
„…und niemand weiss, worum es geht“? Aber die meisten tun doch so, als wüssten sie es.
Als Autor verbitte ich ich mir, dass man an meiner privaten Rechtschreibung herumbastelt. Nach der Rechtschreibereform halte ich mich nicht mehr an den Duden mit seiner Verwässerung der Wortbedeutungen und seinem Zusammengeschriebenfimmel. Und Koteletten sind bayerisch eben am Knochen geschnittene Fleischstücke vom Schwein. Also, Martin Hitz: Bitte wieder Urzustand herstellen!
Yessir! Urzustand wiederhergestellt.