Kurt W. Zimmermann in seiner «Weltwoche»-Medienkolumne brachte mich erst darauf, der Sache mal näher nachzusteigen. Er schrieb, auffallend viele Chefredaktoren in der Medienstadt Zürich verspürten den Drang zum grossen Geld, hängten ihren Job an den Nagel (bei manchen wurde deren Job von anderen daselbst aufgehängt), um endlich mehr Kohle zu machen.
Was soll daran verwerflich sein? Gar nix.
Aber auffallend ist der Trend in der Tat, der sich seit etwa acht Jahren beobachten lässt: der Drang der Chefredaktoren ins Beraterbusiness, Mediaconsulting, whatever it means. Aber darauf kommen wir noch.
In Zürich trampen sie sich inzwischen auf den Zehen herum, dass es wehtut. Kurt W. Zimmermann (ehemals Chef «Facts» und «Sonntagszeitung») mit seiner Consist Consulting; Sacha Wigdorovits (ehemals «Blick»-Chef) mit Contract Media, wo auch Balts Livio (30 Jahre «NZZ») und Nicole Ming (Redaktion SF «Arena») zugange sind. Kenneth Angst (ehemals stv. Chefredaktor «NZZ») arbeitet im Netzwerk der PR-Agentur Knill + Knill. Markus Gisler (ehemals Chef «Cash»), Médard Meier (ehemals Chef «Bilanz»), Andreas Z’Graggen (ehemals Chef «Bilanz» und «Berner Zeitung») sind Partner von Gisler, Meier, Repele, Z’Graggen Consultants. Andreas Durisch (ehemals Chef «Sonntagszeitung») wird ab August Partner bei der PR-Agentur Dynamics Group, wo er u.a. auf Kaspar Loeb (ehemals Chef «CASH TV» trifft.
Jürg Wildberger (ehemals u.a. Chef «Facts» und «10 vor 10») berät als «Konsulent» (man zieht dort diese Berufsbezeichnung dem flutschigen «Consultant» vor) bei Hirzel, Nef, Schmid über den «richtigen Umgang mit Medien», denn:
- «Wir beherrschen das Management von Themen und Ereignissen in der Oeffentlichkeit».
Das Managen von Themen? Wir behalten das mal für uns.
Wolfram Meister (ehemals Chefredaktor «Blick», «Metropol» u.v.a) ist in seiner Creative Consulting GmbH medial kreativ. Ivo Bachmann (ehemals Chef «Basler Zeitung», «Beobachter») betreibt gleichfalls seine eigene PR-Agentur (bachmann medien). Bernhard Weissberg (ehemals Chef «Blick», «Sonntagsblick») und Christoph Grenacher (ehemals Chef «Sonntagsblick», stv. Chef «Sonntagszeitung») sind als einzelkämpfende Medienconsultants auf der Piste. Peter Klein (ehemals «Tages-Anzeiger») und Patrick Senn (ehemals Chefredaktor Tele Ostschweiz) wirken im Netzwerk von Knill + Knill. Andreas Bantel (ehemals «Cash») bietet mit Bantel & Partner «ein hervorragendes Netzwerk in der Schweizer Medienwelt» an und kongruent dazu gleich auch das passende «erstklassiges Netzwerk in der Schweizer Wirtschaft» — it sings together.
Die Liste ist bei weitem nicht vollständig, aber wir können es vorerst dabei bewenden lassen, um uns den unflätigen Schluss zu erlauben, auf dem Platz Zürich sei für mediale Einflüsterungen aller Art kompetent gesorgt.
Was tun ehemalige Chefredaktoren im PR-Business genau? Was erwartet man ihnen? Connections, Connections, Connections. Die werden hoch bezahlt. Aber dafür müssen sie auch liefern. Bei grossen Agenturen schaufelt jeder Partner einige hunderttausend CHF an Honoraren im Jahr ein, weiss Kurt W. Zimmermann. Er selber mag’s ganz klein: «ein kleines, persönliches Beratungsunternehmen und will das auch bleiben». Andere Kollegen werden es pekuniär nicht ganz so rosig sehen, der Konkurrenzkampf ist bei der stetig wachsenden Zahl einschlägiger Berater auf engstem Raum beinhart.
Das Motiv zum Berufswechsel ist bei allen gleich und völlig nachvollziehbar. Klaus Stöhlker, vor langer Zeit selbst Journalist: «Ich fand stets, dass gute Journalisten unterbezahlt waren. Deshalb wurde ich PR-Berater.»
Aber was machen sie nun wirklich? Auf ihren Homepages klingt’s überall ähnlich: Sie wollen helfen. Ganz besonders mit «Krisenkommunikation» (vielleicht doch lieber mit Kommunikation in der Krise?). Jedenfalls muss es sehr viele Krisen geben.
- «Wer was wo zu sagen hat in den Medien ist wichtig bei der Kommunikation. Wir sind nach 30 Jahren in den Medien ausgezeichnet vernetzt und organisieren Hintergrundgespräche und Talkrunden für Sie» (Bernhard Weissberg).
- «Wir helfen Ihnen, ihre Reputation zu steigern» (Gisler, Meier, Repele, Z’Graggen).
- «Egomarketing für Führungskräfte in Politik und Wirtschaft»
bietet Kenneth Angst neben
- «Medienbeziehungen, Beziehungen zur nationalen Politik und strategisches Campaigning, Imagekampagnen etc.»
an.
Christoph Grenacher verspricht mit seiner «Mediaform. Die Spezialisten»:
- «Mediaform profitiert von jahrelanger Erfahrung, umfassenden Erkenntnissen und einem transparenten Einblick in die grössten Pressehäuser der Schweiz.»
Sie sind Einflussagenten der superdiskreten Art. Sie wirken in und mit Medien, mit ihren ehemaligen Kolleginnen und Kollegen bevorzugt aus jenen Redaktionen, in denen sie früher einmal den Kammerton vorgeben durften. Sie rühren umsichtig die Imagepolitur an, die ihre Mandanten und deren Unternehmen offenbar recht häufig benötigen. Sie vermitteln und steuern Interviews, beeinflussen Porträts, lancieren Themen oder sorgen dafür, dass solche zuverlässig verschwinden. Oder sie veranstalten Insiderzirkel unter dem Titel «Kaffeegerüchte» und laden Prominente dazu, die dann später, wie es der Zufall will, wieder in exklusiven Interviews auftauchen. Manche von ihnen schreiben auch regelmässig Zeitungskolumnen, aus denen nicht ersichtlich ist, welcher Hauptbeschäftigung sie nachgehen und welche Mandaten und Firmen sie betreuen.
Kenneth Angst bekennt offen, er sei «der Lakai» seiner Auftraggeber :
- «Man muss sie verkaufen oder vor dem Absturz retten, oder ihnen sagen, was sie selber sagen müssen.»
«Die ganze Wahrheit ist unser Credo», heisst es auf der Website von Sacha Wigdorovits‘ Contract Media. Die ganze Wahrheit, claro, aber wessen Wahrheit? Auch klar. Denn:
- «Wir wissen, wie Medien ticken. Wir verfügen über das beste Mediennetzwerk der Schweiz».
Das ist alles legitim. Aber man muss sich bei Gelegenheit doch immer wieder dieser fleissigen Networker und ihrer Netzwerke erinnern, wenn plötzlich, fast wie aus dem Nichts, Kampagnen durch die Medien rauschen.
Dazu ein paar Stichworte, die wir hier in einem Medienblog nicht näher auszuführen brauchen: Matter, Holenweger, Roschacher, Nef, Béglé — nur mal so als Appetizer, womit wir, nebenbei, auch gleich belegen, dass wir uns schon einiges an einschlägiger Terminologie angeeignet haben.
Oder auch Namen wie Hirschmann oder Ebner, die zeitweise täglich durch die Spalten von «NZZ» bis «Echo vom Maiengrün» geisterten, verschwinden urplötzlich aus sämtlichen Spalten wieder, wie mit dem Zauberstab berührt — falls die Namensträger den richtigen Medienberater kennen, der die richtigen Leute kennt, die wiederum nichts darüber verraten, wie gut man sich kennt.
Oder: Es erscheint, weltexklusiv, ein merkwürdiges Rechtfertigungsinterview eines gewesenen obersten UBS-Chefs («Ich habe im Geschäft mit US-Kunden keinerlei Pflichten verletzt»). Der Mann, der ausserdem jahrelang Chefjurist des Hauses und damit mit allen wichtigen Rechtsfällen persönlich und aufs Intensivste befasst war, wird andächtig von einem noch amtierenden Chefredaktor befragt, ob es denn wirklich stimme, dass er sich höchstpersönlich für Bank und Vaterland habe «opfern» wollen, um sich selbst alles Ungemach auf die Schultern zu laden. Doch doch, genau das wollte er, gut, dass Sie mich das fragen, aber die Verwaltungsräte, diese Schlingel, liess ihn dann halt doch nicht. Damit das so im Blatt steht und nicht anders, und dass da nicht noch lange nachgehakt wird, dafür sorgte gleichfalls ein ehemaliger Chefredaktor, der den Opfergänger egomarketingmässig berät.
Dass künftig ein weiterer ehemaliger Chefredaktor eben diese Bank politurmässig als Kommunikationschef betreut, rundet das schillernde Bild ab. Man kennt sich halt seit Jahrzehnten, ja und? Das ist in Zürich unvermeidlich, wo sich fast die gesamte Medienmacht der deutschsprachigen Schweiz ballt und krallt, und das auf ganz wenigen Quadratkilometern.
Nestwärme ist kein strafbarer Tatbestand. Alles legal, alles legitim, alles professionell, damit mir da bloss kein falscher Zungenschlag reinkommt. Aber ein Gschmäckle bleibt halt schon. Ein recht beissendes.
Vielleicht braucht der Schweizer Journalismus an sich mal ein wenig Imageberatung? Ein weites Geschäftsfeld, das auf den Homepages noch hinzuzufügen wäre.
Fred David ist seit 40 Jahren Journalist (u.a. «Spiegel»-Redaktor, Auslandkorrespondent der «Weltwoche», Chefredaktor von «Cash»). Er lebt heute als freier Autor in St. Gallen. Was er hier schreibt, ist seine persönliche Meinung.
«Aber ein Gschmäckle bleibt halt schon. Ein recht beissendes»: Wieso denn? Dass man in die PR-Branche wechselt (weil die Laufbahnchancen im Journalismus in letzter Zeit bekanntlich nicht rosiger geworden sind), finde ich nicht per se anrüchig. Die Frage ist eher, wie sich Zeitungen von den PR-Leuten vereinnahmen lassen. Hier liegt der Hase im Pfeffer, nicht bei den Ex-Journalisten, die bei einer Bank anheuern (oder bei einer Entwicklungshilfe-Organisation oder wo immer). Aber die Idee, dass Journalisten gleichsam Verrat an ihren eigenen Idealen begehen, wenn sie in die PR wechseln, finde ich geschmäcklerisch. Was sollen die Ex-CR denn sonst machen? Tramführer werden? Oder Primarlehrer? Oder Naturheilpraktiker in der Ostschweiz?
@)Bobby California: Es geht nicht um PR oder Journalismus, sondern um die fehlende Trennschärfe. Die ist doch nun offensichtlich.
Es wird einfach zu eng, viel zu eng. In einer Stadt wie New York oder Paris zerläuft sich das. In einer vergleichsweisen kleinen Stadt wie Zürich klumpt es. Und zwar sehr. Man merkts eben.
Wie wärs denn, wenn die Verlage versuchten, ihre Topleute mit attraktiven Angeboten zu halten? Warum schafft es kaum je ein Chefredaktor in den Verwaltungsrat von Medienunternehmen? Verschenktes Knowhow.
Grosse Medien brauchen auch die Funktion des Herausgebers. Das ist einerseits ein Grüssaugust zur Repräsentation und zur Entlastung der Chefredaktion, anderseits aber auch ein wichtiger „Filter“ zwischen Business und Redaktion, den es bis jetzt nicht gibt. Peter Hartmeier wäre ein guter Herausgeber beim Tagi geworden. Und Andreas Durisch bei der Sonntagszeitung. Jetzt gehen sie halt und drehen den Spiess um.
Und es gibt auch Chefredaktoren, die gute Kommentatoren wären, weil sie jenen Zugang zu Topleuten haben, der andern Kommentatoren normalerweise fehlt.
Kostet alles Geld. Aber gute Leute wegschmeissen kostet auch Geld. Womöglich mehr.
Dann machen sie halt noch eine Medienconsulting auf. Und noch eine, und noch eine.
@ Fred David
Zunächst einmal plädiere ich für mehr Präzision: Was nicht als Journalismus durchgeht, muss noch längst nicht zum PR-Topf zählen. Konkreter: Weder Ivo Bachmann noch Marcus Knill sind im PR-Bereich tätig.
In Bezug auf die Trennschärfe geben ich Ihnen recht. Die Nähe ist ein Problem, übrigens nicht nur in Zürich, allerdings ein sehr menschliches. Die Vorstellung, dass dank „Zauberstab“ und erstklassigen Verbindungen in die Redaktionen Menschen und Themen von der Agenda verschwinden, ist allerdings absurd.
Ich kenne beide Seiten und sage ganz unverblümt: Je schlechter der Journalismus, desto mehr Medienconsulting wird nötig.
@) Mark Balsiger: Ich bin nicht ganz einverstanden. Den „Zauberstab“ gibt’s tatsächich. Und er funktioniert.
Beispiel: Ich nahm mal an einem intimen Zirkel mit führenden Zürcher Chefredaktoren und Wirtschafts- und Finanzjournalisten teil. Im Dolder Grand, es ist ein paar Jährchen her. Thema: Schwarzgeld auf Schweizer Bankkonten. Damals war das noch ein Tabuthema.
Erstmals wurden dort harte Zahlen von Bankenseite genannt. Zum erste Mal auch war von einer Billion CHF die Rede. Dies wurde mit der Auflage mitgeteilt, davon nach aussen keinerlei Gebrauch zu machen.
Fast alle hielten sich daran – Zauberstab! Obwohl das Informationen waren, die ein Journalist nicht unterm Deckel halten darf. Gerade bei diesem Thema hat man ja nun gesehen, was passiert, wenn so etwas Jahre, ja Jahrzehnte tabuisiert wird – und wenn sich Journalisten brav daran halten.
Ihr Befund: „Je schlechter der Journalismus, desto mehr Medienconsulting wird nötig“ lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig.
ps. Ich finde PR keineswegs negativ, so lange allen Beteiligte bewusst ist, dass es PR ist.
Vielleicht sollte man einfach mal kurz in sich gehen und überlegen, wie viele Chefredaktoren freiwillig gegangen sind. Und dann könnte man darüber nachdenken, ob sie wirklich so gut sind wie sie sich als PR-Leute geben. Mit anderen Worten: Viele Beraterhonorare könnte man auch in einen Koffer stecken und in den Zürisee schmeissen.
@) Mark Balsiger, kleiner Nachtrag: Zufällig bin ich auf Ihr wahlbistro.ch gestossen. Eine kreative PR-Idee mit Informationsgewinn. Scheint mir ausbaufähig, insbesondere aufs Wahljahr 2011.
Einwand: Der Moderator müsste die Diskutanten zu direkteren, konkreteren, persönlicheren, pointierteren Aussagen veranlassen, von mir aus auch zwingen. Allgmeinplätze gehören in die Partieprogramme.
Das könnte die vor sich hindösende Demokratie aufwecken, und den zahlreichen Bashing-Bloggs und dem zunehmenden Internet-Policampaigning mit in Massen fingierten Kommentaren das Wasser abgraben ( medienspiegel ist, natürlich, von diesen Niederunge ausgenommen…). Könnte sich auch für Journalisten zur Fundgrube entwickeln.
Wie gesagt: Nix gegen kreative PR, sofern sie nicht versucht, durchs Kellerlochfenster einzusteigen.
lieber fred david, die geschichte aus dem dolder bringt mich aber arg ins grübeln. haben sie noch mehr von denen? ;-)
habe mir erlaubt, sie in meinem blog zu zitieren. die ist zu schön…
@ Fred David
Schön, dass Sie knapp zwei Jahre nach der Première das unabhängige Diskussionsforum Wahlbistro – http://wahlbistro.ch/ – entdeckt haben. Es handelt sich dabei allerdings nicht um eine „kreative PR-Idee mit Informationsgewinn“.
Ich möchte mit diesem Projekt aufzeigen, dass es möglich ist, online eine respektvolle Dialogkultur zu pflegen. Wenn ich die Kommentare auf Newsnetz, inzwischen vermehrt auch auf NZZ online lese (wie z.B. heute im Zuge der Rücktrittsankündigung Leuenbergers), wird mir übel. Hat in diesen grossen Medienhäusern noch niemand gemerkt, dass diese Unkultur auch die Printtitel mit Dreckspuren besudelt?
Zudem ist das virtuelle Wahlbistro auch als Demokratisierungsprojekt zu verstehen. Von den Printjournalisten wird es konsequent ignoriert, weil angeblich PR – und PR ist per se „Pfui“.
Es wird Zeit, dass man auf den Redaktionen lernt, unvoreingenommen an Themen heranzugehen.(Dieser Kommentar passt nur am Rand zum Thema, pardon. Er deutet aber die Scheuklappen und die Voreingenommenheit an, die mich stören.)
@ Mark Balsiger
Wie sieht die Zukunft des Wahlbistros in der Zwischenzeit denn aus? Wird es auf die Wahlen 2011 hin weitergeführt?
Ich hoffe sehr, dass solche Projekte vermehrt gefördert werden.
@ Fred David
Eine sehr interessante Analyse haben Sie hier verfasst und ich stimme Ihnen völlig zu was die Trennschärfe betrifft. Nicht ganz so viel Gefallen fand ich an Ihrer doch eher abwertenden Meinung der PR-Branche. Probleme und Verbesserungspotential gibt es tatsächlich in vielen Unternehmen.
@)Manuel Merki: Das sehe ich auch so. Die Trennschärfe müssen vor allem die Journalisten beachten. Tatsächlich zerfliessen die Grenzen immer mehr.
Beispiel: Ein Zürcher PR-Berater, ein erfolgreicher ehemaliger Journalist, erzählte mir, dass öfters Journalistenkollegen bei ihm anriefen, man kennt sich , man sieht sich, ob er nicht eine aktuelle Story für sie habe.
Natürlich hat er. Er achtet selbstverständlich darauf, dass die Botschaft, die er so unterschwellig servieren darf, auch genau so im Blatt steht. Und nicht anders. Falls nicht, gibt’s nächstes Mal keine Story. Das läuft vor allem bei wirtschaftsrelevanten Themen so.
Er nennt das „Journalisten erziehen“. Offenbar gibt es recht viele Journalisten, die sich gern erziehen lassen – der Domina-Effekt. Der PR-Berater ist klug. Der Journalist, der sich auch noch aus eigenem Antrieb instrumentalisieren lässt, ist dumm.
Anderes Beispiel: Heute lese ich in der Sonntagszeitung, Frontaufmacher:“Die Wirtschaft will Leuthard im Uvek“ (als Nachfolgerin Leuenbergers). „Die Wirtschaft“ ist Herr Gentinetta vom Wirtschaftsdachverband Economisuisse. Das ist etwa so überraschend, wie wenn da stehen würde:“Schweizer Gewerkschaften wollen Sozialdemokraten für Leuenberger-Nachfolge“. Frontaufmacher? Weder SGB nocn Economisuiss wählen ja den Bundesrat. Jedenfalls nicht direkt. Da hätte man doch ein bisschen was anderes an Erkenntnissen erwarten dürfen, wenn die Regierung sichtbar ins Rutschen kommt. Und irgendwo dann schon drin im Blatt, was Herr Gentinette als Interessenvertreter dazu meint.
Das ist Spin-Doctoring: Vorhandenen Meldungen und Ereignissen den richtigen Dreh geben. Ich glaube nicht, dass das in der Redaktion geschehen ist. Ich glaube, dass Herr Gentinetta mit der richtigen Botschaft im richtigen Moment einfach da war. Schwups. Und niemand weiss so recht wie’s kam. Auftrag erfüllt.
Uebrigens, wie das Spiel läuft, kann man dieser Tage – in harmlosem Zusammenhang – an Shawne Fielding gewesene Borer beobachten. Sie ist hübsch, hat einen schönen Busen, aber wie Paris Hilton absolut nichts zu sagen und zu bieten, was für die Oeffentlichkeit von irgendwelcher Relevanz sein könnte. Nicht einmal ordentlich Klatsch. Sie verheimlicht das Nichts auch gar nicht:“ I am very transparent you know“.
Innerhalb dreier Tage Tage ist sie gross im „Blick“, in einem Feature in der SF-„Rundschau“ (die hatten auch irgendwann mal noch ein paar Ansprüche…) und in einem Teletalk auf „Tele Züri“.
Keine Ahnung, warum. Sie ist einfach da, clever gepusht von unsichtbaren Connection-Machern, die bei den Medien jemanden kennen, der jemanden kennt.
Wie gesagt, das läuft bei Lady Shawne in harmlosem Zusammenhang. Aber es ist eben nicht immer nur harmloser Nonsens, der aus den Kulissen heraus zum Thema gepusht wird. Und plötzlich ist das Thema da. Ueberall. Auch wenn’s gar keins ist.
Es lohnt sich, darauf zu achten.