Gratis wird endlich out

Ich habe mir in letzter Zeit die Mühe genommen, die ins Kraut schiessenden Studien, Aufsätze, Betrachtungen und Analysen zur Zukunft der Zeitungen bzw. des publizierten Wortes ein bisschen näher anzuschauen. Es ist entsetzlich, welcher schönklingende Müll uns da entgegenschwappt.

Online-Theoretiker, Chefpublizisten grosser Verlagshäuser, Manager internationaler Medienkonzerne und nicht zuletzt die Medienberatungsindustrie mit allerhand Professoren auf Fachhochschul- und anderen Lehrstühlen blasen und hupen munter in alle möglich Himmelsrichtungen. Grossartig als messerscharfe Analysen angekündigte Publikationen entpuppen sich meist als langweilige Sowohl-als-auch- und Die-Zukunft-wird-es-weisen-Broschüren.

Auf der anderen Seite sind nicht nur ratlose Verlagsleute, sondern vor allem auch verunsicherte Journalisten. Man hat ihnen jahrelang eingetrichtert, die Zeitung sei die Krönung des Publizismus, den schnellen Medien wie Radio und Fernsehen meilenweit überlegen. Unterstützt von Vereinen und Organisationen, die sich der Qualität im Journalismus verschrieben haben, wurden Redaktionen ausgebaut, Recherche-Teams verstärkt, Edelfedern gefördert und beständig neue Rubriken und Gefässe geschaffen. Die Botschaft lautete gewissermassen: Zeitungsjournalismus dauert ewig.

Auf einen Schlag war dann alles anders: Zeitungsinhalte wurden gratis, und wer in Tram und Bus nicht lesen mochte, wurde im Internet mit Gratistexten bombardiert, die anderntags in gedruckter Form bezahlt werden mussten. Hätte ein Branchen-Masochist eine Strategie für den Tod der Zeitungen formulieren müssen, er hätte es nicht perfekter hingekriegt. Die Auflagen der Zeitungen sanken, die Wirtschaftskrise erledigte das Ihre bei der Werbung.

Die nackte Angst war die Stunde der rabiaten CEOs: Sie strichen die Redaktionen zusammen, verschlankten die Zeitungen, schüttelten die Sparbüchse. Und gleichzeitig verdonnerten sie die Redaktionen, immer mehr Text kostenlos unter die Leute zu bringen …

Nicht nur Wirtschaftsjournalisten vermissen eine Geschäftsidee bei ihren Verlegern. Die Schreibenden begreifen nicht, weshalb ihre mit Journalistenpreisen dotierten Texte plötzlich gratis sein sollen und weshalb irgendwelche Trendforscher die Losung herausgeben, mit Schiller seien die Gedanken frei und mit der Wirtschaftskrise nun auch noch gratis geworden. Die anhaltenden Widerstände in der Schweiz gegen die teils hochtrabenden Newsroom-Projekte in verschiedenen Zeitungshäusern sind oft das Resultat dieser Sinnkrise.

Gottseidank beginnen ausländische Verleger langsam, die nutzlose Theorie zu verlassen und eine Gegenstrategie in der Praxis einzuleiten. Murdoch preschte vor, andere folgen ihm. Bei «Le Monde» gibt es ab sofort nichts mehr gratis, auch im Netz nicht. Andere werden dazukommen, und vielleicht kapiert man es auch einmal in der Schweiz, wo Medienmanager gegenwärtig, auf «Paid Content» angesprochen, sofort das Thema wechseln.

Mit den Kommentaren, die allenthalben von oben erwähnten Fachleuten dazu erschallen, kann man gut leben. Solange die Branche nicht in der Lage ist, zu dieser lebensnotwendigen Frage eine flächendeckend abgestützte Antwort in Form eines Bezahl-Standards mit einfacher technischer Abwicklung zu finden, solange müssen eben einzelne Verlage selber herumexperimentieren. Aber wenigstens passiert jetzt etwas. Ob’s funktioniert? Die Zukunft wird es weisen …

Andrea Masüger ist Publizistischer Direktor der Südostschweiz Medien.

von Andrea Masüger | Kategorie: Mediensatz

55 Bemerkungen zu «Gratis wird endlich out»

  1. @Andrea Masüger: Gibt es denn Bezahlinhalte auf suedostschweiz.ch? Werden sie nachgefragt?

    Wenn Sie schreiben „Aber wenigstens passiert jetzt etwas“ – wollen Sie uns nicht erzählen, was denn in dem Bereich passiert, für den Sie Verantwortung tragen? Versuche ausländischer Verleger werden hiesige Verleger ja nicht retten, oder?

    Ich gehe grundsätzlich einig mit ihnen, dass Journalismus auch etwas kosten darf. Aber soweit ich sehe, hört bei den meisten Zeitungsverlegern der Ideenreichtum bei ihrem etablierten Geschäftsmodell auf. Das Problem dabei: Das etablierte Geschäftsmodell von Zeitungen erodiert jedes Jahr etwas mehr. Unter anderem wegen diesem Internet.

  2. Andrea Masüger > Vielen Dank für Ihre scharfsinnige Analyse. «Gottseidank» ist das richtige Wort. Dass jetzt die Internet-Religiösen rot sehen, war vorhersehbar, ist aber nicht weiter tragisch.

    Ronnie Grob > Soweit ich sehe, hört bei den meisten Bloggern der Ideenreichtum bei ihrem nicht-etablierten Gotteslohn-Modell auf. Wenn Sie ein besseres Geschäftsmodell für Zeitungen kennen, dann schiessen Sie endlich los.

  3. @ Andrea Masüger

    Genau, es passiert etwas – endlich. Murdoch scheint grimmig entschlossen, „paid content“ einzuführen, „Le Monde“ stellt um, nächstes Jahr vermutlich auch die „New York Times“.

    Und was geschieht in der Schweiz? […]“solange müssen eben einzelne Verlage selber herumexperimentieren“

    Dafür bleibt kaum Zeit. Es müsste doch möglich sein, dass sich die Schweizer Verleger zusammenraufen und gleichzeitig umstellen.

    P.S. Schön, dich nach ziemlich genau 7 Jahren (Suva Reka) wenigstens virtuell wieder anzutreffen.

  4. 20min.ch soll auf Paid Content umstellen, um den anderen kartellmässig ein Geschäftsmodell zu ermöglichen? Sorry, aber so etwas *ist* weltfremd, nicht nur weil es die „Online-Theoretiker“ sagen.

    Wenn ich die Verlage wäre, würde ich es mal mit flattr (http://flattr.com) versuchen. Ich perönlich würde für manchen grossartigen Bericht etwas bezahlen, wenn ich dies mit nur einem Klick tun könnte. Dass die Verlage noch nicht auf eine solche Idee gekommen sind und ausgerechnet der Pirate-Bay-Gründer einen solchen Dienst entwickeln muss, ist ein grosses Armutszeugnis für die Verlage.

  5. Und noch ein Gratistipp: Wenn man mit einem freiwilligen Klick auf einen Bezahlbutton noch eine Stimme für die beste Story abgeben kann (und dabei vielleicht gar noch etwas gewinnen kann), könnte das genausogut funktionieren wie ein Musicstar-SMS-Voting.

  6. Was auch ab und zu gerne vergessen geht, aber dafür fehlt es vielen Verlegern durch die jahrelangen Regionalmonopolrenten etwas an Betriebsblindheit: Kaum je zuvor haben informationshungrige Zeitgenossen, zu denen ich mich durchaus zählen würde, so viel Geld für Medienkonsum ausgegeben. Allein für den Internetanschluss hätte ich mir kaufkraftbereinigt vor 15 Jahren mindestens zwei Bezahlzeitungen leisten können. Rechne das digitale TV-Angebot hinzu und schon wären wir bei vier oder fünf Tageszeitungen. Und das sind erst die Fixkosten. So viel zum Thema Gratismentalität.

    Die in den letzten 20 Jahren geshrinkten Rumpfblätter, vor allem was Regionalzeitungen betrifft, haben aus meiner persönlichen ökonomischen Betrachtung, was ich für Medienkonsum auszugeben bereit bin, also erheblich an Grenznutzen verloren. Sonntagszeitungen kommen nur noch ganz selten zum Sonntagsbrunch hinzu, oder werden durch unter der Woche liegengelassene „Zeit“schriften substituiert.

    Jenseits der „Nzz“ (Ausland) und der „Woz“ (Soliabo) sehe ich ehrlich gesagt nirgends eine Unique Selling Position, um mich bei der Stange zu halten, und auch diese beiden Abos sind nicht in Stein gemeisselt.

  7. die jammerballade von herrn masüger spricht bände über die ratlose endzeitstimmung in den verlagen. aber die pure huldigung der launen von medienmogul rupert murdoch ist noch kein neues geschäftsmodell.

    die these „gratis wird out“ ist verzweifeltes wunschdenken. wer genau hinsieht, stellt fest: das gegenteil ist der fall, die freemium-modelle laufen sich gerade warm zum durchstarten. aber bevor die ahnungslosen jetzt gleich wieder aufschreien: freemium heisst nicht gratis, freemium ist ein bezahlmodell. aber damit muss man sich halt mal intensiv befassen, bevor man es begreift. erst dann kann man neue geschäftsmodelle entwickeln, sogar für paid-content.

    ein zentraler punkt in der ganzen paid-content-diskussion ist immer wieder das urheberrecht. die grundzüge des urheberrechts stammen aus dem 18. jahrhundert und waren bis zur erfindung des internets eine weitgehend gute sache. die neuen kanäle aber erschüttern das urheberrecht in ihren grundfesten, was auswirkungen weit über die verlagsbranche hinaus haben wird. das problem dabei ist, dass es bisher nur ganz wenige spezialisten gibt, die über das weite feld einer neudefinition des urheberrechts einigermassen einen überblick haben. einer von ihnen ist till kreutzer:
    http://www.ie-online.de/kreutzer.htm
    er erläutert in diesem zweistündigen podcast mit dem schönen titel „zufällige doppelschöpfung“, was sache ist:
    http://medienradio.org/mr/mr021-zufallige-doppelschopfung/

    @ david: haha, wer hats erfunden? der chefpirat himself? köstlich.

  8. Fred David:

    @) Andrea Masüger, in Ihrem Text spüre ich ein schönes Restchen jenes feu sacré, das ich im Schweizer Journalismus schon als gänzlich erloschen hielt.

    Die Zeiten werde wieder kämpferischer. Mir gefällt’s.

    Journalisten müssen wieder lernen, für ihre Interessen einzustehen und den Mund aufzumachen.

    Schön, dass dieser Drive aus der Provinz kommt. Wörld Sity hat sich schon zu willig und brav angepasst.

  9. tin:

    Interessant, dass es nur um bezahlten oder um gratis Inhalt resp. Texte geht – aber von Qualität der Inhalte ist nicht die Rede – da scheint man nicht bereit zu sein, zu differenzieren. Nochmals: interessant.

  10. Fred David:

    @) tin: Bezahlen heisst schon auch: bessere Leute und mehr Qualität. Jedenfalls:… müsste es heissen.

    Es ist eine Binse: Mit mehr Geld kann man mehr machen. Allerdings muss das denn auch unten ankommen, dort wo produziert wird und wo sich letztlich entscheidet, ob ein Produkt ankommt. Oder eben nicht.

    Und das heisst: Redaktionen – nicht bloss Chefredaktoren (die Damen und Herren haben sich zu sehr zu Sparkommissaren degradieren lassen) – müssen darum kämpfen, dass das Geld tatsächlich auch unten ankommt – und nicht in irgendwelchen Luftnummernprojekten versandet.

    Und das heisst auch, dass über die Gewinnausschüttung von Medienunternehmen neu gesprochen werden muss. Das ist ein Thema, das seltsamerweise nie zur Debatte steht.

    Dann muss man es eben zum Thema machen.

    In kaum einer andern Branche hängt es so stark VON DER BASIS im Unternehmen ab, wie ein Produkt ankommt und welcher Gewinn letztlich erzielt wird.

    Grund genug für Redaktionen, wieder selbtbewusster, und gelegentlich halt auch etwas laut, aufzutreten.

    Schweizer Arbeitnehmer sind generell zu brav. Aber das ist dann ein weites Feld…

  11. tin:

    @Fred David
    Zum Glück schreiben Sie „müsste“… Wie die Wirtschaftswelt in vielen Branchen heute ja überdeutlich zeigt, werden vorallem die Teppichetagen gut alimentiert. Darum habe ich so meine Zweifel, ob das verlangte Geld wirklich „unten“ ankommen wird und wir nicht einfach für ein paar aufgepeppte Agenturmeldungen, die sich in allen Blättern und Onlineangeboten wiederholen, bezahlen dürfen.

  12. Christoph J. Walther:

    …und hier („Johnston Press paywall experiment quietly dropped“) hat ein englischer Tageszeitungsverlag herausgefunden, dass Paywalls für Mainstream-Zeitungen nicht funktionieren und es auch nie werden und ist still zurückgekrebst. Nächste Idee, bitte!

  13. Fred David:

    @) Christoph J.Walther: Ihre Ueberlegung ist leider gerechtfertigt: Wer kann es sich überhaupt leisten, für seine Leistungen Geld zu nehmen?

    Eine kuriose Frage. Aber sie ist wirklich berechtigt, und nicht so leicht zu beantworten. Die Branche hat sich das – zum Teil – selber eingebrockt. Auch die Journalisten.

  14. mauro schälli:

    @Herr Masüger

    „Ihre“ Südostschweiz hat ja das Bezahlmodell.
    Sicher bin ich hier nicht der einzige, der sich wundert ob es 11, 12 oder sogar 16 Leute sind, die für Ihr ££$$-Modell das Portemonnaie öffnen.

    ‚?????????????????????????????????????????????‘

  15. Fred David > Mit Verlaub, ich halte Deine Überlegung für falsch. Die Frage ist vielmehr: Wer kann es sich langfristig leisten, für seine Leistungen KEIN Geld zu nehmen? Es ist doch so, dass die kleinen Medienhäuser schon lange erkannt haben, dass sie mit dem Gratis-Internet nur Geld verlieren und ihre bezahlte Printauflage kannibalisieren. Denn in den kleinen Medienhäusern (zB Zürcher Oberländer) rechnen die Leute scharf, sie haben keine prall gefüllte Kasse für verlustbringende Aktivitäten (wie Tamedia).

    Kurzfristig wandern die Leute vielleicht schon zu Gratisangeboten ab. Aber nur so lange, als es solche noch gibt, und deren Aussterben ist nur eine Frage der Zeit. Denn auch grosse Verlagshäuser werden nicht langfristig Geld verlieren wollen.

    Wer langfristig denkt, muss deshalb Andrea Masügers Überlegungen zustimmen.

  16. pjm:

    Schweizer Verlage, Orell Füssli und die Swisscom haben eine Vision. Allerdings träumen sie schwar-weiss. hier: http://peterjohannesmeier.wordpress.com/2010/03/13/das-ende-der-gratis-kultur/

  17. Hildebrandt:

    Ich freue mich schon darauf, auf dem iPad im Tram meine bezahlte NZZ zu lesen und die pöbelhaften Zwanzigminüteler eifersüchtig zu machen. Anders gesagt: Meiner Ansicht nach wartet der Lesermarkt geradezu auf Bezahl-Angebote, wenn denn die Inhalte auch wirklich hirschmannfrei und andernorts nicht zu haben sind, also einen Informations- oder vermutlich eher Meinungsbildungsvorsprung verschaffen können. Die sexy Darreichung auf multimedialen Tablets wird dem Gratiskram bald das Wasser abdrehen, weil der nämlich eben multimedial wirklich nicht mehr refinanzierbar ist. Oder bin ich gerade etwas euphorisch und auf Impotenz ist auch kein Verlass mehr?

  18. Fred David:

    @) Bobby California: Ich bin auf Masügers Seite. Noch fehlt der konkrete Weg, wie es gehen sollte.

    Ich wüsste einen.

    @) Hildebrandt, Martin Hitz und andere haben es hier auf „medienspiegel“ schon vorgespurt.

    Warum nicht iPad im Grossmasstab in der Schweiz testen und einführen? Es wäre eine weltweite Sensation. Täte uns mal wieder gut, nicht dauernd nur mit Steuerbetrügern identifiziert zu werden. Die Schweiz mit neuer Innovationskraft. Damit könnte man auch die Schweizer selber begeistern.

    Es würde mittelfristig einen erheblichen Teil des immer drückenderen Kostenproblems des Prints beseitigen. Es wäre eine aufregende Innovation.

    Für ein Medienhaus allein, auch für die finanzstarken, wäre das aber ein zu grosser Schritt, der ausserdem kleinere Verlage ins Abseits drängen würde.

    Warum gründen die drei Grossverlage nicht ein Joint-Venture, zum Test und zur landesweiten Einführung von iPad? Das wäre machbar.

    Kleinere Verlage könnte sich entweder an dem Joint-venture beteiligen oder die Technik später leasen.

    Die iPad Swiss würde nur für die Technik, deren Implementierung und für die iPad-Vertrieb und deren Unterhalt zentral zuständig sein.

    Die einzelnen Medienhäuser würden nicht mit der Technik, sondern mit Inhalten konkurrieren. Wie bisher. Die NZZ bliebe die NZZ, der Tagi der Tagi, die Südostschweiz die Südostschweiz – halt nur digital, statt Papier.

    Man könnte natürlich nicht einfach die bestehenden Layouts digitalisieren (gibt’s schon, ist aber nur ein Zwischenschritt). Die Zeitung müsste digital völlig neu konzipiert werden in Layout ud Struktur – aber immer noch als Zeitung, ohne tausend Zusatzfunktionen. Einfach und klar.

    Da alle gleichzeitig auf dem Markt wären, würde ein Learning by doing niemanden benachteiligen.

    So etwas wäre realtiv schnell umsetzbar. Der Abonnent erhält mit dem Abo das konfigurierte Gerät. Print würde es noch lange Zeit parallel geben, aber irgendwann wird der Kostenvorteil iPad zum Durchbruch verhelfen. Wahrscheinlich erst früher als später, wenn die Vorteile der digitalen Zeitung evident werden.

    Es wäre absehbar, dass von Anfang an ziemlich viele auf iPad umsteigen würden , vielleicht ein- oder zweihunderttausend. Das wäre eine Grössenordnung, mit der sich arbeiten liesse.

    Die Initiative für iPad Swiss sollte von den Redaktionen der drei Grossverlage Ringier (mit Springer), NZZ, Tamedia ausgehen. Und zwar jetzt. Es geht schliesslich auch um die Interessen der Journalisten.

    Die Chefredaktoren der drei Häuser sollen von sich aus umgehend einen runden Tisch einberufen, um die Strategie zu beschliessen. Die Redaktionskonferenzen sollen ihre Chefs notfalls dazu drängen. Der konkrete Vorschlag, der noch nicht im Detail ausgearbeitet sein muss, soll dann den drei Verlagsspitzen gleichzeitig präsentiert werden.

    Dieser Schritt könnte innerhalb eines Monats vollzogen werden. Die zu gründende Joint venture-Gesellschaft soll die Grundlagen erarbeiten und eine konkrete Testphase starten, die allen drei Medienhäuser zum gleichen Zeitpunkt ermöglicht, damit auf den Markt zu kommen. Step by step.

    Keiner wird bevorzugt, keiner benachteiligt. Getrennt marschieren, vereint schlagen. Das simple Erfolgsrezept der Alten Eidgenossenschaft. Es ist erprobt …

  19. Fred David:

    Noch ein Nachsatz zur Verdeutlichung:

    Indem die Medienhäuser die konfigurierten iPads in ihrem Eigentum behalten und sie den Abonnenten gegen eine Abo-Gebühr (wie heute im print) überlassen, behalten sie auch die Kontrolle darüber, dass ihr content nicht einfach „gratifiziert“ wird.

    Es könnte eine Riesenchance sein, die aber nur funktioniert, wenn die grossen Medienhäuser zu diesem GEMEINSAMEN Kraftakt bereit sind.

  20. Fred David:

    Ein letzter Nachsatz:

    Im Printbereich sind Schweizer Grossverlage eine erfolgreiche technische Kooperation eingegangen (Swiss Printers AG, der grösste Drucker der Schweiz, gehört der NZZ, Ringier, Edipress/Tamedia gemeinsam).

    Warum bei der Einführung einer neuen Technologie wie iPad (oder ähnlichen Systemen) nicht gleich von Anfang an?

    Don’t waste your time you don’t have.

  21. Hildebrandt:

    Wie der heutigen SonntagsZeitung zu entnehmen ist, haben die Verlage zumindest die Kooperationsidee gehabt und umgesetzt.

  22. Fred David:

    @Hildebrandt, danke für den Hinweis. Diese Anregung stand ziemlich genau so schon vor mehreren Monaten auf medienspiegel.ch. Vielleicht schauen da ja auch Velagsmenschen gelegentlich rein ..

    Jedenfalls ist es ein wichtiger Schritt, auch wenn das e-paper vorerst nur im bisherigen Zeitungslayout erscheint. Das kann man heute schon bei pressdisplay.com für 0,99 $ abrufen (u.a., auch die Sonntagszeitung und viele internationale Blätter). Ist kein reines Vernügen, man hudelt schnell mal durch 120 Seiten – aber das ist ein rein subjektiver Eindruck.

    Wenn das angesprochene Projekt Codex (Ringier, Tamedia, NZZ) wirklich eine Antwort auf den „Gratifizierungstrend“ sein soll, dann müssen eigenständige Inhalte her, die im Layout und in der Struktur völlig anders aufgebaut sind als bisherige Zeitungsseiten.

    Hier sind die Redaktionen gefragt. Das ist kein Projekt für Technikfreaks und keins für Sparkommissare, die hier allein die Möglichkeit sehen, Kosten zu sparen.

    Die Redaktionen müssen sich in diesen Prozess aktiv von Anfang an einmischen und sich die Marschrichtung nicht einfach von Sachzwängen diktieren lassen.

    Das ganze muss vom Inhalt her gedacht und konzipiert werden, nicht von der Technik. Darauf müssen Redaktionen drängen, sonst werden sie zu reinen Erfüllungsgehilfen degradiert.

    Eine wichtige Frage für mich ist auch: Was wird aus den kleineren Verlagen. Wenn diese hier nicht in das Projekt Codex einbezogen werden, bleiben die irgendwann auf der Strecke.

  23. Fred david:

    Ich habe mir im web soeben app-Beispiele angesehen, wie die amerikanische „Sport illustrated“ und „Time Magazine“ auf dem iPad aussieht, mit eigenem Layout und neuer Struktur.

    Sehr attraktiv, offenbar sehr bedienungsfreundlich, brilliante Bildqualität. Gut les- und navigierbar. Daran könnte ich mich rasch gewöhnen.

    Und absolut konkurrenzfähig zum web.

    Dafür würde ich auch zahlen, etwa gleichviel, wie für ein Print-Abo.

    So könnte ich mir auch in einem Jahr zum Beispiel die „Südostschweiz“ (von der wir hier ja ausgegangen sind) vorstellen.

    Das dürfte wirklich ein Quantensprung sein – bei aller Skepsis, die noch angebracht scheint.

    Mich wundert, dass hier auf medienspiegel.ch zu diedem Thema nicht mehr Reaktionen kommen. Da kribbelts doch.

  24. Fred David > Deine Begeisterung in Ehren, aber bei mir kribbelt nichts. Ich kann mich begeistern für neue Technologien, die mir einen zusätzlichen Nutzen bringen, den ich vorher nicht hatte. Aber wenn man ein altes Medium auf ein neues aufpfropft, also wenn man eine Zeitung ins Internet verlegt, dann habe ich als Konsument keinen Vorteil, sondern eigentlich nur Nachteile: Ich kann Artikel nicht mehr ausreissen, sondern muss sie zuerst mühsam ausdrucken, ich muss mir ein Lesegerät kaufen, ich muss mir ein neues Lesegerät kaufen, wenn das alte kaputt ist, ich kann das Lesegerät nicht in die Badewanne mitnehmen usw. Das gleiche gilt für die CD: sie bringt keine Vorteile, sondern nur Nachteile, verglichen mit der Schallplatte. Begeisterung für neue Geräte und Gimmicks, nur weil sie neu sind, finde ich billig. Wir haben es doch nicht nötig, uns bei den Opfern des Konsumterrors anzubiedern.

  25. Fred David:

    @) Boby California: Ich mache mir ähnliche Sorgen wie Andrea Masüger. Wie lässt sich sicherstellen, dass ordentlicher Journalismus finanzierbar bleibt?

    Bisher waren das eher rhetorische Fragen

    iPad oder ähnliche Systeme könnten tatsächlich ein rettender Weg sein, weil sie die Herstellungskosten drastisch reduzieren und mehr Mittel für Inhalte freihalten könnten. Das sind vorerst nur Annahmen, aber nicht unbegründete.

    Zur Illustration für den Ernst der Lage: In Hamburg „entkernt“ (laut „Spiegel“) der Hamburger Jahreszeitenverlag das Unternehmen radikal. In den zehn Redaktionen (Merian, Feinschmecker , Petra etc.) werden alle Redaktorinnen und Redaktoren, Layouter, Fotografen, die keine leitende Funktion haben, entlassen – „um die Zukunft des Verlags zu sichern“.

    Da sind schon Signale, die langsam an die Schweizergrenze herankriechen. Die „Berner Zeitung“ bestreitet aus Kostengründen ihren geschrumpften Auslandteil nur noch mit sda-Meldungen. Andere Zeitungen liquidieren still ganze Abteilungen.

    Da lohnt es sich, ernsthaft über klügere Alternative als jene vom Jahreszeitenverlag nachzudenken. Die Zeit drängt.

  26. Hildebrandt:

    auf blog.persoenlich.com wird die Kooperation von Apple mit Wired vorgestellt, die forschen da an Möglichkeiten, wie man Medien den neuen Geräten entsprechend aufbohren kann.
    @ Bobby, ich finde es etwas retro von Ihnen, die Entwicklung einfach als getrieben von Opfern des Konsumterrors anzusehen. Eine Zeitung kauft man schliesslich auch nicht nur „zum Spass“, sondern weil sie einen Wert hat, sie ist also auch ein (nicht besonders badewannengeeignetes) Lesegerät, für neugierige Leute. Sie reden von „rausreissen“, als ob Sie noch nie einen Link gepostet oder einen Text gespeichert hätten.
    Ich bin der Ansicht, dass Portabilität gekoppelt mit schnellen Netzen oder WiFi tatsächlich erstmals ein Produkt ergeben wird, für das die Leute etwas zahlen mögen. Warum: Weil es eine neue Darreichungsform ist, abgelöst von den mit Arbeit und Alltagsproblemen verseuchten bisherigen Computer-Kanälen. Sie werden es erleben.

  27. Hildebrandt > Ich habe Sie kürzlich beim Betreten eines Plattengeschäfts gesehen. Was ist mehr «retro» als ein Plattengeschäft? Also hängen Sie mir bitte kein «retro» an, das ist albern. Ich beurteile neue Technololgien ausschliesslich nach dem Nutzen, den ich davon erwarten kann. Sie wissen genausogut wie ich, dass viele neu erfundene Geräte nur dazu dienen, neue Bedürfnisse zu wecken. Ohne Eiphone kann man z.B. sehr gut leben. Und Zeitung lesen auf dem Eipad bringt mir nun mal keine Vorteile, dafür aber viele Nachteile.

    Ja, ich rede von rausreissen. Ich habe schon viele Links gespeichert und gepostet. Aber der Link ist vielleicht morgen schon weg, während das Papier noch in 20 Jahren treu da ist.

    Sie reden von Portabilität. Wie wenn die Zeitung nicht schon seit 200 Jahren portabel wäre. Wo ist denn der Vorteil des portablen Internet-Zugangs? Es gibt keinen Vorteil, dafür viele Nachteile (z.B. Elektrosmog). Bald werden auch die noch unverseuchten Geräte mit Arbeit und Alltagsproblemen verseucht sein, Sie werden es erleben.

    Fred David > Wenn ich die Wahl habe zwischen einer Zeitung auf dem Internet und gar keiner Zeitung, bevorzuge ich natürlich die erste Variante. Aber ohne Begeisterung.

  28. Hildebrandt:

    Ich habe in den letzten drei Jahren noch genau eine physische CD gekauft und die hab ich mir per Post nach Haus schicken lassen. Ja, mir gefiel es auch besser, mich vom Rock-On-Ruedi beraten zu lassen, aber die Zeiten sind vorbei und was ich bei allem Respekt für Ihre übrigen Ansichten albern finde, ist verbissenes Retrosein. Mit der portablen Zeitung machen Sie einen Punkt, aber im Gegenzug können Sie damit keine Telefonnummern nachschlagen, keine Zugbillete kaufen, keine Bordkarten speichern, keine Blogeinträge verfassen, keine Strassen finden, keine Preise in Echtzeit vergleichen, in der Beiz keine Armstrong-and-Miller-Clips mit Ihren Kumpels gucken und sich halb totlachen und keine Platten kaufen, weder analoge noch digitale. Ist ja auch egal, denn die Frage ist ja, wie kriegen wir unsere Leser wieder dazu, für unsere Arbeit zu bezahlen, und kein Schallplattenhören wird dagegen helfen, dass für immer mehr Leute über CHF 500 für ein Jahr NZZ einfach zu viel ist.

  29. Markus Schär:

    Letzte Woche las ich auf dem Kindle endlich „Postwar“ von Tony Judt fertig, auf Papier ein 960-Seiten-Wälzer, den ich nur innert vernünftiger Zeit schaffte, weil ich das angenehme Lesegerät immer in der Tasche und sogar im Wellness-Wochenende im Bademantel herumtragen konnte. Gestern schaute ich nach, was der Nachkriegshistoriker zu einem Thema schreibt, an dem ich arbeite. Innert drei Sekunden fand ich alle Stellen; ich konnte sie markieren und via PC ausdrucken – der Artikel ist schon halb geschrieben. Ich habe aber auch schon ein amerikanisches Buch beschafft, das Kollegen dringend brauchten (und Herrn Kall die lumpigen 15 Dollar dafür geschenkt), mir ein Dutzend Texte auf den Kindle schicken lassen, damit ich sie nicht ausdrucken muss und jederzeit darauf zugreifen kann, und – ja – auch schon mehrere kostenpflichtige Studien und Artikel heruntergeladen, also zumindest indirekt für Zusatzeinkommen von Kollegen gesorgt.

    Ich liebe Zeitungen und Bücher und bin mehr als ein halbes Jahrhundert unveräppelt gut durchs Leben gekommen. Aber ich brauche unbedingt ein iPad – subito. Denn bei allen Qualitäten des Kindle (der Leser ist, wie von den Designern beabsichtigt, wirklich mitten im Text drin) sehe ich beim iPad doch noch viel mehr, was mir die Arbeit erleichtert oder schlicht Freude bereitet, also die Lebensqualität erhöht. Und was uns Buchstabenproduzenten mehr Wertschätzung bringt, in welcher Form auch immer.

    Aber natürlich darf auch ein Multimedia-Spezialist dem Bleisatz nachtrauern.

  30. @Bobby California: Das iPad hat natürlich sehr viele Vorteile: Es kann Text mit Video und Ton kombinieren, es kann interaktive Infografiken einbinden, es ermöglicht den Zugriff auf das komplette Zeitungsarchiv, es ermöglicht thematische Zusammenstellungen, die jede Zeitung sprengen würde, es hat grundsätzlich keine Platzbeschränkungen, es kann benutzerfreudlich auf externe Informationen verlinken, es ermöglicht personalisierte Filter, und, und, und.

    Würden die Vorteile von den Verlagen ausgenutzt, wäre eine iPad-Zeitung sehr attraktiv. Ausserdem könnte man ein Kombi-Abo aller Schweizer Zeitungen zu einem bezahlbaren Preis anbieten.

    Vielleicht hätten sie damit eine Chance, neben den Gratisangeboten im Web zu bestehen. Denn diese wird es weiterhin geben.

    @Fred David: iPads auszuleihen finde ich hin hingegen eine etwas seltsame Idee. So ein Gadget ist ein sehr persönliches Gerät. Und zu konfigurieren gibt es da eigentlich nichts. Man lädt ein App herunter und fertig. Ich würde die Kunden das iPad kaufen lassen und dafür das Abo zu einem attraktiven Preis anbieten, da die Distributionskosten auf Kundenseite anfallen.

    Das Hauptproblem an geschlossenen Apps ist aber, dass man darauf nicht verlinken kann. Google, Blogs und Social Media werden ausgesperrt. Das ist ein sehr grosser Nachteil sowohl für Kunden wie für die Zeitung, der wohl nur wettgemacht werden kann, indem die Texte trotzdem wieder frei zugänglich ins Web gestellt werden.

  31. Hildebrandt / David > Je mehr Leute, die sich als Modernisten gerieren, mir hier das Loblied des Eipad singen und schwärmen, was man alles für bunte Sachen auf dem Eipad konsumieren kann und dass man dank dem Gerät endlich einmal echte Lebensfreude empfinden kann, umso klarer wird mir, dass die Eipad-Fans bedauernswerte Opfer des Konsumterrors sind.

    Was ist denn der Preis für all die bunten Bilder und den tragbaren Spass? David schreibt verschämt: «Die Distributionskosten fallen auf Kundenseiten an.» Aha! Mit anderen Worten, der Medienkonsum wird teurer. Für mich. Ich muss tiefer ins Portemonnaie greifen.

    Kürzlich musste ich Zug fahren neben einem Typen, der auf seinem tragbaren Ding einen Actionfilm schaute. Ohne Kopfhörer. Zum Glück kam nach einer Stunde ein Kondukteur, der dem Typen sagte, er solle sein Ding ausschalten. Reklamationen von anderen Fahrgästen hatten ihn nicht beeindruckt. Wenn jeder mit einem Eipad herumläuft, werden solche Belästigungen an der Tagesordnung sein.

    Ganz ehrlich, ich hatte bisher nie das Bedürfnis, im Schwimmbad einen Actionfilm reinzuziehen oder meinen Blog nachzuführen. Die Wälzer, die ich auf Papier lese, kann ich problemlos ins Schwimmbad mitnehmen, also wo ist denn der Vorteil des portablen Lesegeräts? Es gibt keinen Vorteil. Es gibt nur Nachteile: Das Lesegerät geht kaputt, wenn es mit Feuchtigkeit in Kontakt kommt. Das Buch geht nicht kaputt dabei. Ich kann nicht mehr ins Wasser hüpfen ohne Panik, dass jemand mein Eipad klauen könnte. Mein Buch will niemand klauen.

    Dazu kommt die massiv grössere Umweltbelastung bei der Produktion, beim Betrieb und bei der Entsorgung der mobilen Lesegeräte.

    Fazit: Beim Eipad, Kindle und wie die Geräte alle heissen, geht’s ganz klar nur um das Wecken neuer Bedürfnisse, die vorher nicht existierten.

  32. Lukas Egli:

    Genau, und Basic ist immer noch die beste Programmiersprache und alle, die es nicht mehr beherrschen, sollten keine Komputer bedienen dürfen… Egal, was das iPad kann (oder nicht kann: Flash, schwimmen, telefonieren, usw.) oder dereinst können wird, es scheint, obwohl es die Nutzer mit den Apps vordergründig «einsperrt», dass es normale Menschen endlich von diesem Nerd-Zeugs befreit, das man bislang verstehen musste, um aus einem Computer ein im Alltag nutzbares Instrument zu machen. Wie übrigens das iPhone auch, egal, was es kann oder nicht kann: Ich habe noch nie soviel online gelesen, bestellt, kommuniziert wie mit dem iPhone. Diese neuen Geräte eröffnen ein neues, niederschwelliges Kapitel der Computernutzung (und online-Mediennutzung) und wer das als Medienschaffender (oder Verleger) nicht rechtzeitig erkennt, ist selbst schuld. Meine Meinung: Könnte sein, dass der eine oder andere Verleger seine Druckmaschine nicht mehr wird amortisieren können

  33. Hildebrandt:

    @ Lukas Egli: Du Opfer! Merkst du denn gar nicht, dass du nie so viel hast kommunizieren, lesen und bestellen hast wollen, wie du es allen wegen dem Teufelszeug nun gezwungen bist zu tun? Und erkennst du nicht, dass eine Zeitung schon immer nur ein Werkzeug des Bösen war mit dem Ziel, das Bedürfnis nach „mehr Lektüre“ zu wecken? Du bist verloren. Ein Jammer.

  34. @Bobby California: Es sei dir unbenommen, die Zeitung mit all ihren Beschränkungen als die ewige Krönung des Journalismus anzusehen.
    Aber das mit der Umweltbilanz und den Verteilkosten müsste man noch mal genauer unter die Lupe nehmen. Tote Bäume zu bedrucken, zu verteilen und wieder einzusammeln ist auch nicht gerade ressourcenschonend.

  35. Anonym:

    @ Hildebrandt: Es verhält sich wie bei jedem addict: substitutiv

  36. David > Ich bin entzückt, hier wieder mal die Wortkombination «Tote Bäume» lesen zu dürfen. Das nenne ich sublime Rhetorik.

    Die Umweltbilanz der Computer wurde längst unter die Lupe genommen. Lesen Sie selbst:

    Nach der Analyse von Eric Williams und Ruediger Kuehr (Computers and the Environment: Understanding and Managing their Impacts) sind Computer eine Art ökologische Monster. Ihre Öko-Effizenz ist beispielsweise weitaus schlechter als die von Autos. So werden für die Herstellung eines Computers und eines 17-Zoll-Bildschirms mit einem Gesamtgewicht von 24 Kilogramm über 240 Kilogramm fossile Brennstoffe verbraucht. (…) Überdies werden zur Herstellung eines Computers noch 22 Kilogramm Chemikalien und 1500 Kilogramm Wasser verwendet. Insgesamt gehen in einen einzigen Computer 1,8 Tonnen Rohstoffe ein. (…)

    Allein für die Herstellung eines 2 Gramm schweren 32 Mb DRAM-Chips werden 1,7 Kilogramm fossile Energien und Chemikalien sowie 32 Kilogramm Wasser verbraucht.

    Das Problem wird dadurch verstärkt, dass Computer schneller als andere Geräte veralten und weggeworfen werden. (…) Oft genug werden sie aber auch in arme Länder exportiert, wo sie erhebliche Umweltschäden bewirken und zu ernsten Gesundheitsproblemen führen. (…)

    Nur sehr wenige Computer werden bislang weiter verkauft, einem Upgrade unterzogen oder recycled, obgleich die Verlängerung der Nutzungsdauer sehr effektiv sei, um die Ökobilanz erheblich zu verbessern. (…) Computer werden schon nach 3 Jahren aussortiert (…) Mittlerweile gibt es mehr als eine Milliarde PCs auf der Erde, jährlich werden 130 Millionen neue Geräte verkauft, Tendenz jährlich um 10 Prozent steigend, während die Lebenszeit abnimmt und letztes Jahr bei 4,2 Jahren lag. (…)

    Die Besitzer von PCs sollten vor dem Kauf eines neuen Geräts überlegen, ob es für ihre Zwecke nicht ausreicht, nur einige Teile neu zu kaufen, um den Computer aufzurüsten.

    Artikel-

  37. Anonym 2:

    @ Lukas Egli
    Bravo, well roared. Auch ich habe den Eindruck, dass iPad, iPhone und andere Helferlein vor allem von gesetzteren, mit der Bedienung ihres Nokia 3210 zuweilen überforderten Männern gebasht werden. Die sogenannten Opfer, Nichtdrauskommer und Verführbaren, also Frauen, Kinder und Männer mit ohne Bart, lieben die Dinger dagegen. Und warum? Weil der ganze todlangweilige Nerd-Diskurs hinfällig geworden ist. Statt über Browser und Update und Gugus wird über Inhalte gesprochen, über das, was man auf dem iDing sehen, erfahren, machen möchte. Ich finds super. Wenn mehr Leute nach mehr Inhalten verlangen, wird die Welt tendenziell schlauer und nicht dümmer. Und im Gegensatz zu vielen Berufspessimisten glaube ich nicht, dass die sogenannte breite Masse nur nach Spektakeln und hirnlosem Sulz verlangt. Wer sich jetzt als iVerlag positioniert, hat begriffen, was momentan abgeht. Das Problem von (arbeitslosen?) Journalisten wie Bobby C. ist, dass sie den Chip in ihrem Hirn nicht wechseln können. Also, nochmals: Das Web an sich ist genausowenig böse wie es damals der Fotosatz war. Es ist nur anders. Und die Zeitung wird weiterleben, trotz Web.

  38. @Bobby California: Und wie viele Kilogramm fossile Brennstoffe verbraucht die tägliche Auslieferung der Tageszeitung über 3 Jahre hinweg? Und wie viele Chemikalien der Druck?

    Und, da du ja anscheinend trotzdem einen PC (und vermutlich auch ein Mobiltelefon?) hast, käme es da nicht aufs Gleiche raus, diese Geräte auch noch zum «Zeitunglesen» zu brauchen?

    Wenn ich ein iPad kaufen würde, würde ich es noch für tausend andere Dinge einsetzen.

    Ausserdem ist der verlinkte Artikel 6 Jahre alt und bezieht sich wohl auf damalige PC-Kisten und Röhrenbildschirme. Ich denke nicht, dass man das mit einem iPad vergleichen kann.

  39. David > Das Mobiltelefon ist fürs Zeitungslesen etwa so geeignet wie ein Dreiradvelo für die Tour de Suisse. Auch auf meinem Laptop möchte ich keine Zeitung lesen. Der Bildschirm ist viel zu klein. Die Zeitung nehme ich manchmal in den Zug mit, das ist viel angenehmer, als ein Laptop herumzuschleppen. Man kanns drehen wie man will: die Zeitung im Internet hat keine Vorteile, aber viele Nachteile.

    Die Ökobilanz der elektronischen Zeitung ist auch im Vergleich mit der gedruckten Zeitung miserabel – selbst wenn man Lesegeräte der neusten Generation verwendet:

    E-paper-Technologien werden bisher aufgrund ihres geringeren Gewichts und Stromverbrauchs als ökologisch vorteilhaft eingeschätzt. Nicht selten wird auch behauptet, dass das elektronische Papier das gedruckte Papier ersetzen und damit einen Beitrag zum Schutz der Umwelt und zur Ressourcenschonung leisten könnte. Denn der enorme Energieaufwand für das Herstellen des täglich neu benötigten Zeitungs-Druckpapiers könnte entfallen. Das Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT) kommt im Rahmen des vom Bundesforschungsministerium (BMBF) geförderten Projektes „E-nnovation“ in zwei Studien zu ganz anderen Einsichten.

    In den bisher von Firmen und Experten angedachten Geschäftsmodellen – e-paper als Download an PC bzw. Laptop oder mobil über UMTS – schneidet e-Paper erheblich schlechter ab als die herkömmliche Papierzeitung. Bei beiden Geschäftsmodellen ergibt sich eine 10- bis 40-fach höhere Umweltbelastung gegenüber dem Lesen der gedruckten Zeitung.

    Quelle: http://www.scienzz.de/magazin/art3283.html

  40. Ich muss schmunzeln.

    „Werden Umweltaspekte nicht oder nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt, ist eher wahrscheinlich, dass die e-Paper-Technologie im Falle einer Massenverbreitung den Energieverbrauch drastisch ansteigen lässt und somit den internationalen Bemühungen zum globalen Klimaschutz, zu dem sich auch die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet hat, entgegenläuft.“

    UMTS ist bereits überall in Betrieb – ist der Energieverbrauch dadurch drastisch angestiegen? Und wie viel CO2 produziert die Stromherstellung in der Schweiz?

    Der Text ist nicht ernst zu nehmen.

    „Man kanns drehen wie man will: die Zeitung im Internet hat keine Vorteile, aber viele Nachteile.“
    Ah, darum künden so viele die Abos und geben dem Internet den Vorzug? Sind diese Leute einfach so dumm, nicht zu merken, dass sie damit nur Nachteile haben?

  41. ras.:

    Internet oder Papier: Die Umweltkosten da abzuwägen ist eine komplexe Sache. Credit Suisse schätzte vor einem Jahr, dass allein YouTube innerhalb eines Jahres 360 Mio. Dollar für Traffic-Kosten verbrauchte. Der Stromverbrauch ist davon ein wesentlicher Bestandteil. Diese Kosten steigen ständig, weil der Verkehr zunimmt – dies im Gegensatz zum Broadcasting von AV-Material. Digital-Religiöse sollten das Papier nicht vorschnell in die umweltpolitische Schandecke stellen. Die E-Welt ist sehr energie-hungrig. Darauf weist Bobby California zurecht hin.

  42. Skepdicker:

    An ras. und BC:

    Ihre Argumente betreffend Stromverbrauch bzw. Umweltkosten sind schlüssig, was ipad und ähnliche „Flimmerkisten“ betrifft. Der löbliche Amazon Kindle hingegen hat einen sehr geringen Stromverbrauch.

    Zudem sollte man nicht ausser Acht lassen, dass ein Grossteil der Zeitungsseiten vergeblich gedruckt wird. Wenn ich z.B. am Kiosk die deutsche Ausgabe der „Le Monde Diplomatique“ kaufe, dann erhalte ich dazu ungefragt ein obskures Blatt namens „Wochenzeitung“, das in der Regel ungelesen im Altpapier landet.
    Im Gegensatz dazu fallen beim Lesen via ipad und Konsorten nur Umweltkosten an, wenn man die Geräte effektiv nutzt (abgesehen von den wohl eher seltenen Fällen, in denen jemand das Gerät ungenutzt eingeschaltet lässt).

    Und weitere Argumente, die nichts mit der Umweltproblematik zu tun haben, sprechen gegen das Papier:

    1. Wer nicht immer an der gleichen Adresse schläft oder viel herumreist, dem nützt die geliebte NZZ im Briefkasten herzlich wenig.

    2. Wer beim Pendeln Zeitungen, Magazine und Bücher liest, braucht eine Tasche oder einen Rucksack. Das ist umständlich, da man gewisse Orte nur ohne Tasche betreten darf (gewisse Blocks an Fussballspielen oder etwa Nachtclubs).

    3. Die Zeitungen müssen irgendwie im Altpapier landen. In einer Alt-68er-Kommune oder im Hause eines NZZ-Redaktors ist dafür wahrscheinlich eine Dame verantwortlich (Protokollführerin des Politbüros, Ehefrau oder Hausangestellte). Sollte dies nicht der Fall sein, dann bewundere ich Ihren Gleichmut, mit dem Sie das Altpapier-Bündeln verrichten. Meine Sache ist das nicht.

    Aus all diesen Gründen würde ich die Möglichkeit eines Kindle-Abos sehr begrüssen.

  43. @Skepdicker: „Wer nicht immer an der gleichen Adresse schläft oder viel herumreist, dem nützt die geliebte NZZ im Briefkasten herzlich wenig.“

    Wie wahr, wie wahr!

  44. Skepdicker > Und weitere Argumente, die nichts mit der Umweltproblematik zu tun haben, sprechen für das Papier:

    1. Wer immer an der gleichen Adresse schläft oder wenig herumreist, dem nützt der geliebte Tages-Anzeiger im Briefkasten sehr viel.

    2. Wer beim Pendeln Kindle und Eipad liest, braucht eine Tasche oder einen Rucksack. Das ist umständlich, da man gewisse Orte nur ohne Tasche betreten darf (gewisse Blocks an Fussballspielen oder etwa Nachtclubs).

    3. Der Kindles und Eipads müssen irgendwann zur Entsorgung zurückgegeben werden. Ich bewundere Ihren Gleichmut, mit dem Sie den kaputten Computer in den Laden zurückbringen. Meine Sache ist das nicht.

    Aus all diesen Gründen würde ich die Möglichkeit eines Kindle-Abos gar nicht begrüssen.

  45. Skepdicker:

    BC:
    Von Ihnen hätte ich eigentlich etwas stärkere Argumente erwartet. Aber es ist ja schliesslich schon spät… Zu Ihren „Argumenten“:

    1. „Wer immer an der gleichen Adresse schläft oder wenig herumreist, dem nützt der geliebte Tages-Anzeiger im Briefkasten sehr viel.“

    Deshalb können konservative Urschweizer wie Sie (d.h. Tagi-Abonnenten) von mir aus auch gerne weiterhin täglich eine Papierversion ihres Regionalblatts im Briefkasten haben. Ich würde ja eigentlich auch lieber die Papierversion lesen. Aber uns weltoffenen Multikulti-Europäern (d.h. NZZ-Abonnenten) ist halt manchmal der Zugang zum Briefkasten distanzmässig verwehrt, weshalb ein Kindle-Abo sehr komfortabel wäre.

    2. „Wer beim Pendeln Kindle und Eipad liest, braucht eine Tasche oder einen Rucksack.“

    Der Kindle passt genau in meine Jackentasche. In meiner Jackentasche befände sich somit schön komprimiert (d.h. wenn es endlich ein NZZ-Kindle-Abo gäbe) mein gesamter Lesestoff bestehend aus Zeitungen, Büchern und Vorlesungsunterlagen. Optimal wäre natürlich, wenn man unbeschränkt auf die letzten 7 Ausgaben Zugriff hätte. Denn die NZZ ist bekanntlich so gut, dass ein Tag oftmals nicht ausreicht.

    3. „Die Kindles und Eipads müssen irgendwann zur Entsorgung zurückgegeben werden“

    Ja, nach ein paar Jahren. Das wird mich in fünf oder sechs Jahren also zirka 5 Minuten meiner Lebenszeit kosten. Potzdonner! Wann haben Sie letztmals das Altpapier in Ihrem Haushalt gebündelt? Fragen Sie doch Ihre Frau oder Partnerin oder Politbüro-Protokollführerin bei Gelegenheit, ob Sie gerne Altpapier bündelt.

    „Aus all diesen Gründen würde ich die Möglichkeit eines Kindle-Abos gar nicht begrüssen.“

    So sind sie eben, die engstirnigen Réduit-Schweizer, die sich für progressiv halten: Raucherbeizen verbieten, Kindersitz- und Velohelm-Pflichten befürworten, das Neue und Risiko prinzipiell ablehnen und divergierende Präferenzen nicht tolerieren. So will man nicht nur die geliebte Papierzeitung um jeden Preis konservieren (woran nichts auszusetzen wäre, im Gegenteil), sondern man missgönnt den Jungen auch gleich die Möglichkeit eines Kindle-Abos.

    Hoffentlich arbeiten Sie nicht für die NZZ…

  46. Was für eine müssige Diskussion.

    Die Leute merken selber, was für sie die grösseren Nutzen bringt. Und bei vielen werden die Vorteile des Web im Allgemeinen und des iPads im Speziellen überwiegen. Falls die längerfristigen Umweltinteressen nicht genug berücksichtigt werden, braucht es eine Energiesteuerreform und angemessene vorgezogene Recyclinggebühren, und nicht solche unglaubwürdige und inkonsequente Belehrungen mit dem Zeigefinger.

    Mir liegt es fern, jemanden von den Vorteilen eines Mediums zu überzeugen. Jeder muss das selber abwägen. So wie auch jeder abwägen muss, ob die Inhalte hinter eine Bazahlschranke so viel Zusatznutzen bringen, dass sie die Nachteile (Kosten, Aufwand für Bezahlvorgang, fehlende Verlinkung) wettmachen können.

    Ich persönlich werde weiterhin ein Zeitungsabo haben, aber viele Zeitungen auch im Internet und vermutlich in einem Jahr oder so auch auf dem iPad lesen. Falls die iPad-Bezahlversionen bis dann gut gemacht sind, besteht die Chance, dass ich das Zeitungsabo in ein iPad-Zeitungsabo tausche (da habe ich aber noch meine Zweifel).

  47. Selten enthielt ein Thread soviel Nonsens wie dieser hier. Es ist schwierig, mit Leuten zu diskutieren, die wissenschaftliche Erkenntnisse zum Energieverbrauch von Computern in den Wind schlagen, die sich aber nicht die Mühe machen, ihre wilden Behauptungen mit Fakten zu stützen.

    Solche Leute verdienen es vollauf, von ras. als digital-religiös bezeichnet zu werden. Fanatischer Glaube an die Erlösung durch neue Geräte und das sture Negieren von wissenschaftlichen Erkenntnissen sind untrügliche Zeichen einer Religion.

    PS: Das Altpapier bündle ich selber mit Genuss, da ich im Unterschied zu neoliberalen NZZ-Lesern keine Haushaltssklavin will. Papier bleibt hier – mit unserem Elektronik-Schrott können sich gerne die Chinesen und die Nigerianer vergiften.

    http://www.greenpeace.org/international/campaigns/toxics/electronics/where-does-e-waste-end-up

  48. Fred David:

    @) David: Du hast deine Zweifel, dass du ein Zeitungsabo in ein iPad-Abo tauschen würdest.

    Da würden mich die Gründe interessieren.

    Wir sind hier ja von Masügers These ausgegangen, dass der Gratistrend, ob auf Papier oder digital – einigermassen – unabhängigen Journalismus auf längere Sicht ruiniert.

    Der nächste Ansatz wäre demnach: Kann iPad die Medien aus diesem Dilemma herauswuchten?

    Mein Ansatz ist: Wenn es den Schweizer Medienhäusern gemeinsam gelingt, einen technischen Standard breitflächig durchzusetzen – also iPad oder Vergleichbares relativ rasch zu zehntausenden unters – zahlende – Publikum zu bringen, könnte es gelingen. Dann haben sie noch eine gewisse Kontrolle über die Entwicklung und wie diese ausgestaltet wird.

    Aber ich habe da gewisse Zweifel: Die grossen Medienhäuser haben noch Millionen und Millionen an Investitionen im Druckbereich zu amortisieren. Ihr Intersse kann es demnach nicht sein, dass sich Systeme wie iPad rasch durchsetzen. Irgendwann dann schon. Aber nicht so bald, wie es möglich wäre.

    Ohner Druck von unten wird man da noch lange herumpröbeln und Arbeitsgruppe um Arbeitsgruppe einsetzen, um das Thema doch noch etwas auf die längere Bank zu schieben.

    Jetzt sind auch die Redaktonen gefordert, die diese Entwicklung irgendwie tatenlos zuzuschauen scheinen:

    Sie müssen möglichst bald zeigen, wie eine gut gemachte iPad-Bezahlversion aussehen könnte/müsste.

    Man muss das Ganze mehr vom Inhalt her denken, nicht von der Technik. Denn dort wird sich letztlich entscheiden, wer sich durchsetzt.

    Die Technik können Medienhäuser und Redaktionen – auch die grossen – nur ganz bedingt beeinflussen: Papier belibt Papier und digital bleibt digital.

    Ich vermisse eine auch nach aussen erkennbare , aktive Rolle der Journalisten bei diesen fundamentalen Vorgängen.

    ps. Die hier geführte Oeko-Bilanz-Debatte finde ich sehr interessant. Aber sie wird dann überflüssig, wenn die ökonomische Bilanz der Medien aus den Fugen gerät.

    Die herkömmlichen Medien haben nicht mehr so viel Zeit wie sie offenbar noch immer glauben.

  49. „Man muss das Ganze mehr vom Inhalt her denken, nicht von der Technik. Denn dort wird sich letztlich entscheiden, wer sich durchsetzt.“

    Als Interaktionsdesigner würde ich sagen, man muss das Ganze vom User her denken. Es wäre grossartig, wenn ich alle News aus allen Zeitungen zu spezifischen Themenbereichen (z.B. „Jugendarbeit“ oder „Winterthurer Stadtpolitik“) herausgefiltert bekommen könnte. Oder alle Artikel von meinem Lieblingsautor. Es wäre ebenso grossartig, wenn mir auch gleich die Links zu den Quellen geliefert würden, denn so würde ich als mündiger Leser ernst genommen. Es wäre ebenfalls grossartig, wenn Daten als interaktive Grafiken bereitgestellt würden, so dass ich selber Zusammenhänge erforschen kann. Hier liegen gewaltige Potenziale brach.
    Das mit dem Inhalt ist aber natürlich auch nicht falsch, den braucht es auch. Wenn die Journalisten aufhören würden vorhandene Texte umzuschreiben, und stattdessen sich gegenseitig die Originaltexte zugänglich machen und sich wieder um echten Journalismus kümmern würden, gäbe es vielleicht wieder eine höhere inhaltliche Qualität.

    „Du hast deine Zweifel, dass du ein Zeitungsabo in ein iPad-Abo tauschen würdest. Da würden mich die Gründe interessieren.“

    Es muss günstiger sein (da ich die Distributionskosten selber zahle) und es muss einen klaren Mehrwert gegenüber den Gratisangeboten und der Zeitung haben. Was das für Mehrwerte sein können habe ich soeben und in Beiträgen weiter oben erwähnt. Es muss einfach die Möglichkeiten nutzen und nicht versuchen, eine gedruckte Zeitung zu imitieren.

  50. Fred David:

    @) david: Ich bin mit vielem einverstanden.

    Allerdings wäre es falsch, iPad und ähnliche Systeme als tragbaren web-Zugang oder als erweitertes iPhone zu sehen. Der Vorteil von iPad und Kindle ist ja gerade die einfache, klare Anwendung. Nicht 1001 Zusatzfunktionen.

    Alles andere wäre nach meiner Meinung die Garantie, eine breitflächige Einführung scheitern zu lassen. Und auf die kommt es ja gerade an, denn es soll ja ein rentables Businessmodell sein. Wenn nicht ordentlich Geld mit den Inhalten verdient werden kann, wird’s nichts.

    Wichtig ist: Es soll eine Zeitung/Zeitschrift (natürlich in neuer Optik und Struktur) bleiben, die die digitalen Möglichkeiten nutzt, aber im Rahmen des für den Normal-user Verkraftbaren. Kein Spielzeug für Technikfreaks.

    Und es muss von Anfang an klar sein: Inhalte kosten Geld. Wer nix bezahlt, kriegt nix. Wo die Schmerzgrenze liegt, muss abgetatstet werden.

    Darum würde ich das Abo mit der Abgabe des Geräts koppeln, zumindest in der Einführungsphase.

  51. Hm, das iPad hat aber 1001 Zusatzfunktionen. Es ist Gamekonsole, Fotoalbum, Musikspieler, Kommunikationsgerät, Notizblock, Buch, Webbrowser, Navigerät, und, und, und. Es läuft ja sogar die Office-Software drauf. Die Bedienung ist praktisch identisch mit dem iPhone.

    Aus meiner Sicht ist die Bedienbarkeit resp. Überforderung nur sehr beschränkt von der Anzahl Funktionen abhängig. iPad und iPhone haben eine Unzahl an Funktionen, sind aber nicht auf Technikfreaks ausgerichtet.

    Mit einem iApp kann man einen beliebigen, flexiblen Preisplan machen. Um klar zu machen, dass es etwas kostet, muss man das Abo nicht mit der Abgabe des Gerätes koppeln. Ich persönlich würde kein iPad wollen, das nicht mir gehört. Ausserdem würde ein Preisplan, der von der Nutzungshäufigkeit abhängig ist, die Einstiegsschwelle senken. Man könnte dann relativ günstig mal ausprobieren, und wenn man auf den Geschmack gekommen ist und das App entsprechend nutzt, dann auch zahlen.

    Man muss auch bedenken, dass heute sehr viele Besucher von Newswebsites über die Googlesuche oder über Empfehlungen in Facebook, Twitter und Blogs kommen. Durch iApp/Bezahlschranke fallen alle diese Besucher weg, weil man nicht mehr verlinken kann. Darum bin ich überzeugt, dass es die Gratisangebote immer geben wird. Es gibt ja auch schon funktionierende Businessmodelle, von Spiegel Online bis zur Jungfrau Zeitung. Diese leben von der Verlinkung, und nichts wird sie davon abhalten, diese Businessmodelle weiterzuführen.

    Trotzdem denke ich, dass daneben auch Bezahlmodelle eine Chance haben, wenn sie deutlichen Mehrwert bieten.

  52. Fred David:

    @) David : Danke, hab einiges gelernt. Am Bezahlmodus von iPad muss gefeilt werden. Denn das muss sich vom Businessmodell her vom web unterscheiden. Sonst wirds nichts. „Gratis“ hat auf dieser Schiene keine Zukunft. Denn nur wo ordentlich Geld reinkommt, wird investiert. Im Glücksfall sogar in Qualität.

    Ubrigens: Spiegel Online ist nur deswegen in den schwarzen Zahlen, weil es durch Dienstleistungen aus dem Print quersubventioniert wird.

    Da du Interaktionsdesigner bist (ich weiss nicht genau, was das ist, aber ich ahne es) hast du auch eine Vorstellung wie sich Zeitungen/Zeitschriften auf iPad präsentieren sollen, und wie nicht (Layout, Funktionen, Struktur).

    Also: Wie? und wie nicht? Einfach mal, damit man eine präzisere Vorstellug davon kriegt.

  53. Es wäre vermessen zu behaupten, ich wüsste, wie Zeitungen und Magazine auf dem iPad aussehen müssen. Es gibt aber Konzepte, die aus meiner Sicht in die richtige Richtung gehen, zumindest für Magazine:

    http://www.wired.com/epicenter/2010/02/the-wired-ipad-app-a-video-demonstration/
    http://berglondon.com/blog/2009/12/17/magplus/
    http://macblips.dailyradar.com/video/sports-illustrated-tablet-demo-1-5/

    Man wird sie für eine NZZ aber kaum 1:1 übernehmen können. Es macht meines Erachtens keinen Sinn, tagesaktuelle Geschichten in „Ausgaben“ mit einem Anfang und einem Ende zu packen. Sie müssen immer im Fluss sein. Überzeugende Konzepte zur Filterung von News habe ich leider bisher noch nicht wirklich gesehen. Google versuchts mit Google Reader und Google Alert, Twingly Channels scheint es auch zu versuchen, aber die News-Sites hätten viel mehr Möglichkeiten für individuelle Filterungsmechanismen.

    In Sachen interaktive Datenvisualisierung macht die New York Times interessante Dinge:
    http://www.nytimes.com/interactive/2010/04/02/nyregion/taxi-map.html
    http://www.nytimes.com/interactive/2010/03/25/world/europe/20100325-priestabuse-timeline.html

  54. Die ungewöhnlich grosse und lange Debatte zu meinem „Mediensatz“ zeigt die Brisanz des Themas und die Notwendigkeit, in Sachen paid content etwas zu tun. Es gibt viele Journalisten, die heute am Gedanken verzweifeln, dass sie nur noch Gratisliferanten für Textmaschinen sein sollen, die irgendwelche Marketingmenschen dann in ein verkaufbares Serviceangebot stellen. Diese Berufsleute haben ein Recht, ernstgenommen zu werden. Wer nicht daran glaubt, dass es brauchbare Bezahlmodelle gibt, soll es bleiben lassen. Er soll dann auch mal einem Metzger klarmachen, dass er sein Steak verschenken und nur noch mit dem Verkauf von Grill-Tipps Geld verdienen soll.

    Fred David hat meines Erachtens ganz wichtige Gedanken beigesteuert. Wesentlich wäre eine branchenweite Einigung auf Standards für Bezahlmodelle, die einfach im Handling sind. Erste Bestrebungen gibt es inzwischen bei den Grossverlagen, die gemeinsam an der Arbeit sind. Kommt nichts Übergreifendes zustande, müssen die einzelnen Verlage im Sinne von trial and error selber Lösungen suchen.

  55. @Andrea Masüger: Haben Sie denn schon selbst nach Bezahllösungen gesucht? Haben Sie welche gefunden? Wenn ja: werden diese nun umgesetzt, übergreifend oder individuell? Wenn ja: wo sind diese Lösungen zu sehen?

    Mit interessiertem Gruss,
    Ronnie Grob

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